Meisterwerkstatt

Waldkircher Orgelbau

Mathias-Martin-Orgel in Vörstetten

1. Gehäuse

Das Hauptgehäuse in Eichenholz mit Verzierungen. Der charakteristische Spielschrank und das Pedalgehäuse (Martin baute das freistehende Pedal immer ohne Obergehäuse) fehlen. Die farbliche Fassung wurde wahrscheinlich erst später durchgeführt. Die Kassettendecke war ursprünglich nicht bemalt. Über dem Hauptturm ist die Decke noch in Naturholz. Daraus ist zu schließen, daß die farbliche Fassung erst später erfolgte.

2. Die Windladen

Die Windladen sind original erhalten. Tonumfang bei Martin ab 1799 C - f’’’ Ober- und Unterseite gespundet, Schleifenbahnen beledert. Stöcke aufgenagelt, Ventilquerschnitt im Manual dreieckig im Pedal trapezförmig. C - d° Doppelventile für Pedalkoppel, Schiede durchgebohrt. Pedallade C - d°. Diese Bauart läßt sich bei allen Martin Orgeln finden. Martin baute keine Pedale mit mehr als 15 Töne. Die meisten Rasterbretter sind erneuert.

3. Spiel und Registertraktur

Weitgehend original erhalten. Klaviatur wurde ersetzt. Orginale Tafelbreite 741 mm. Holzwellen in Eisenstiften filzlos gelagert Pedal über ein liegenden Koppelwellenrahmen mit eigenen Ventilen im Hauptwerk spielbar. Registertraktur direkt über Schwerter ohne Registerwellen original. Für das Pedal werden Registerwellen verwendet, wahrscheinlich original. Martin baute 52 mm starke Registerwellen mit Eisenärmchen. Die vorhandenen sind mit Holzärmchen. Da diese abgekröpft sind ist es durchaus möglich daß es sich um die originalen Wellen handelt.

4. Windanlage

Die original Windversorgung der Orgel ist nicht mehr vorhanden. Ursprünglich waren wahrscheinlich 3 Bälge vorhanden. Martin baute meist fünffaltige Keilbälge Länge: Breite 2:1. Die vorhandene Windanlage ist ungenügend.

5. Pfeifenwerk

Prospekt 1973 erneurt. C - Ds in Holz gedeckt ab E im Prospekt stehend. Prospektpfeifen bei Martin aus 12löthigem englischen Blockzinn. Mittelpfeife der Türme mit Rundlabien restliche Prospektpfeifen mit Spitzlabien. Labienbreite / Spitzenhöhe 2:5 . Einziger uns bekannter Originalprospekt ist in Oberprechtal Kath. Kirche. Bei den Innenpfeifen verwendete Martin 33% Sn für die Füße 37% , 50% , 62,5% und 75% Sn für die Metallpfeifen. Dünne Kerne, 80° Phase bei Prospektpfeifen 60° - 70° bei Gedecktpfeifen.

1973 wurde die ursprüngliche Disposition wieder hergestellt. Larigot 1 1/3', Siflet 1' sowie die Trompete 8' wurden neu angefertigt. Die restlichen Register sind zum größten Teil original erhalten. Die Füße der Metallpfeifen sowie die Kerne sind bei den meisten Metallpfeifen erneuert worden. Es ist noch zu prüfen ob die Kerne denen von Martin entsprechend gebaut sind. Der Zustand der Metallpfeifen ist als schlecht zu bezeichnen . Viele Pfeifen sind an der Mündung stark beschädigt. Im Labienbereich sind ebenfalls Beschädigungen festzustellen. Die momentane Stimmtonhöhe liegt über 440 Hz. Herr Sulzmann schreibt ,dass die Orgel um einen Halbton gerückt wurde. Martin baute bis 1807 seine Orgeln mit dem französischen Kammerton A 393 Hz. anschließend mit dem Oberrheinischen Chorton 425 Hz.

Wir gehen davon aus, daß die Orgel um einen Ganzton gerückt wurde nur so ist die momentane Stimmtonhöhe zu erreichen, ohne daß die Deckel des Bourdon 8' abgelötet wurden. Martin stimmte seine Orgeln ab 1802 temperiert. Dies wird auch dadurch belegt, daß das Pfeifenwerk gerückt wurde und die Deckel nicht umgelötet werden mußten. Daß die Orgel von Martin temperiert gestimmt wurde ist auch aus der Disposition zu erkennen.

Mit Einführung der temperierten Stimmung viel die eigenständige Terz 1 3/5' weg, da diese nicht mehr wie bei der mitteltönigen Stimmung rein klang. Vor 1802 stimmte Martin seine Orgeln mitteltönig nach Silbermann. Hierbei könnte das Pfeifenwerk nicht gerückt werden ohne die Bourdonpfeifen umzulöten um eine temperierte Stimmung zu erhalten. Die Flautravers 8' ab f ist ein für Martin typisches Register. Die Pfeifen wurden abgeschnitten, so daß die Aufschnitte erniedrigt werden mußten. Die Pedalregister sind weitgehend erhalten. Verschiedene Einzelpfeifen wurden durch neue ersetzt. Der Trompetbaß 8' wurde wie die Pedalerweiterung 1973 neu angefertigt.

Mathias Martin verwendete einen Winddruck von 50-60mmWS.

Aus der Sicht als Restaurator und als Waldkircher Orgelbauer sind wir Mathias Martin verpflichtet und eine Restaurierung kann eigentlich nur die konsequente Rückführung dieses Instrumentes bedeuten. Die andere Möglichkeit ist die Instandsetzung und Sicherung des jetzigen Bestandes sowie die Erneuerung der Windanlage nach Vorbild Martin. Auf jeden Fall wird vor Beginn der Arbeiten eine Dokumentation dieser Orgel erstellt werden. Der Orgelmacher Mathias Martin hat den Übergang von der Barock- zur Spätbarockorgel als schaffender Orgelbauer mitgestaltet und zählt zu den bedeutenden Orgelbauer Südbadens.