Meisterwerkstatt

Waldkircher Orgelbau

Das ÖK-Orgel Konzept -Eine besondere Orgel

Das ökonomische Orgel-Baukastensystem

Viel Orgel für wenig Geld - das ist der Traum jedes orgelbeschaffenden Kirchenmusikers oder Kirchengemeinderates und der Alptraum vieler Orgelbauer. Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten die Preise/Register durch Qualitätssteigerungen weit deutlicher als die Inflationsrate angestiegen sind, bleibt kleineren Kirchengemeinden ohne Börsenmakler im Orgelförderverein bei der Suche nach einem finanzierbaren Tastenmöbel oft nur die Wahl zwischen Positiv und Negativ (pardon: Orgelersatzgerät).

Positive, handwerklich und musikalisch zwar oft exquisit gestaltet, verbreiten, wenn als Hauptinstrumente in Gebrauch befindlich, in den Augen und Ohren der Normalverbraucher häufig den Anschein des Sparsamen, Zweitklassigen, Unvollkommenen. Der richtige Orgelsound will mit den typischen steilen Positiv-Dispositionen nicht so recht aufkommen - es wird zwar der Intellekt befriedigt, der Bauch jedoch nicht. Dazu kommt, daß die auf üblichen Kleinorgeln darstellbare Orgelliteratur zwar vom Früh- bis zum Neobarock reicht, jedoch unter weitgehender Auslassung der zwischen diesen Polen befindlichen Stilepochen.

Der Schritt vom Positiv zur Orgel vollzieht sich hörbar mit dem Einbeziehen von Prinzipal 4´ in die Disposition. Überraschend wichtig für ein geschlossenes, abgerundetes Klangbild kleiner Instrumente ist zudem das möglichst frühe Hinzutreten der Prinzipalquinte 2 2/3´ und selbstverständlich der Subbaß 16´ im Pedal. In der üblichen Bauweise bedeuten gerade das Hinzufügen zusätzlicher 8´- oder gar 16´-Register in eine Positiv-Disposition einen Quantensprung hinsichtlich Platzbedarf und Kosten.

Im Orgelbau sind seit Jahrhunderten Konstruktionen und Einrichtungen bekannt, die darauf zielen, das Pfeifenwerk möglichst vielseitig zu nutzen und die Klangwirkung mit wenig Aufwand zu steigern. Die Chance für den Bau vielseitiger, robuster und preiswerter Kleinorgeln liegt nun im Wiederentdecken und der sinnvollen Kombination von Techniken und Konzepten mit dem Ziel, durch geringen technischen Zusatzaufwand große musikalische Vielseitigkeit zu erreichen.

Was sich zunächst wie die Quadratur des Kreises anhört, ist technisch und musikalisch recht einfach zu lösen. Das von der Pneumatik und Elektrik her bekannte (und dort zurecht verpönte) Multiplexsystem wurde auf die mechanische Schleiflade übertragen, und zwar nur jeweils auf die Baßoktave der einzelnen Register. Die Hauptnachteile des Multiplexsystems, die „Tonlöcher“, sind dadurch beim Spiel der üblichen Orgelliteratur nicht mehr wahrnehmbar, - in der Mittellage und im Diskant stehen für jedes Register wieder eigene Pfeifen zur Verfügung. Bei bis zu allen Registern eines Werkes kann so auf eigene Pfeifen in der Baßoktave verzichtete werden, da sie von anderen Registern zur Verfügung gestellt werden. Die Mehrfachnutzung der Pfeifen in der tiefen Lage wird von Laien nicht, von Profis selten bemerkt. Praxis ist es bei kleinen Orgeln ohnehin, die Baßoktave eines Salizional 8´ etwa vom Gedeckt 8´ zu transmittieren; bei Prinzipal-Pfeifenreihen weisen schon bei historischen Vorbildern Pfeifen gleicher Tonhöhe identische Mensur und Intonation auf.

1. ÖK Orgel I -Grundmodul: Manual (C-c4)

1 Bordun 8'
2 Salizional 8'
3 Prinzipal 4'
4 Quinte 2 2/3' (ab c°)
5 Oktave 2'

Superoktavkoppel Pedal (C-f1)
Pedalkoppel

Die Superoktavkoppel ermöglicht die beiden wichtigen Registermischungen Flötenchor 8' + 4' und Streicherchor 8' + 4'. Außerdem entsteht in Verbindung mit 2 2/3'und 2' ein Mixtureneffekt. Bei Bedarf kann noch ein sechstes Register (Terz oder Oktävlein) ergänzt werden.

2. ÖK Orgel I.1 – Pedalergänzung

Die Baßpfeifen des Subbaß 16´ werden hinter die Orgelbank gestellt oder liegen unter einem Podest. Der Diskant kann aus Bordun 8´ transmittiert werden. Alternativ, etwa aus Platzgründen, kann der Baßklang auch elektronisch erzeugt werden, die Bauteile sind dann in der Orgelbank untergebracht.

3. ÖK Orgel I.2 – Begleitmanual

Das II. Manual besteht aus einem Gedeckt 8'. Eine Schiebekoppel ermöglicht das Ankoppeln der Register von Manual I. Das Besondere ist nun, daß bei Verschieben des aufgesetzten Werkes um eine Oktave alle Register des 1. Manuals wahlweise auch um eine Oktave versetzt angespielt werden können.

Dadurch wird folgende Disposition spielbar:

6 Gedeckt 8'
7 Bordun 4' (aus1.)
8 Salizional 4' (aus1.)
9 Prinzipal 2' (aus 1.)
10 Quinte 2 2/3' (aus 1.)
11 Oktave 1' (aus 1.)

Das 1-registrige 8´-Begleitwerk ist auch separat als Tischpositiv für Continuozwecke verwendbar. Es muß lediglich ein einfaches Gestell mit einem Gebläse zugekauft werden.

4. Alternative

Alternativ läßt sich als II. Manual auch ein Spinett, ein Regal oder aber – auch wie im Haus der Kirche in Bad Herrenalb oder im Morata-Haus in Heidelberg – ein großes Digitalklavier auflegen. Letzteres erweitert das Konzept in Richtung einer stilistisch breitgefächerten Grundausstattung für Gemeindezentren oder Zweit- oder Chororgel in mittleren Kirchen.

5. ÖK Orgel I.3 – Oberwerk-Manual

alternativ:

6 Gedeckt 8´ Suavial 8´
7 Flöte 4´ Bordun 8´
8 Prinzipal 2´ Unda Maris 8´
9 Sesquialter 2 fach ab c° Flauto dolce 4´
10 Zymbel 2 2/3´ Piccolo 2´
11 - Sesquialter 2 fach

Das Instrument besitzt eine eigene Windversorgung und ist als Tischpositiv separat verwendbar. Allen Orgelbausteinen der ÖKOrgel sind folgende Qualitätskriterien eigen: - Hochwertige handwerkliche Ausführung - Bewährte und klimabeständige Materialien und Konstruktionen – Schleiflade mit mechanischer Spiel- und Registertraktur - Beste Stimmhaltung: Metallpfeifen auf Tonlänge abgeschnitten, Metallgedeckte zugelötet, Gute Zugänglichkeit für Wartung und Stimmungb 45.000.- zu erhalten. Das vorgestellte Kleinorgel-Konzept soll und kann kleinere Instrumente der üblichen Bauweise keinesfalls ersetzen. Es gibt jedoch eine wachsende Zahl von Fällen, in denen ökonomische und musikalische Flexibilität und Effizienz Voraussetzung für die Realisierungsmöglichkeit in den Gemeinden darstellen. Es ist gut, daß der Pfeifenorgelbau mit Konzepten reagieren kann, die hohe Qualität handwerklichen und klanglichen Schaffens vorausgesetzt eine überzeugende Alternative im sich wandelnden, offeneren und vielfältigeren Markt bieten.

Text entnommen aus:

"Journal für Kirchenmusik" des Landesverbandes ev. Kirchenmusiker/-innen in Baden im Heft 4/99

Autor:

Dr. Martin Kares
Evangelischer Oberkirchenrat Karlsruhe
- Beirat für Kirchenmusik
- Orgel- und Glockenprüfungsamt
Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands
Blumenstr. 1-7 76133 Karlsruhe
www.orgelexperte.de