Meisterwerkstatt

Waldkircher Orgelbau

Weltharmonik - Das Universum schwingt im Gleichklang

Wenn wir bewusst Musik hören, geht es uns normalerweise darum, das Stück zu genießen, uns damit wohlzufühlen oder auch kulturell neues kennenzulernen. Mit Musiktheorie befassen sich normalerweise nur die Profis. Dass aber die Gesetze der Musiktheorie weitestgehend identisch sind mit den Naturgesetzen, davon wissen sogar die Profis eher wenig.

Pythagoras war einer der ersten, der sich eingehend mit dem Thema „Schwingungen“ befasste. Er war sozusagen der „Vater“ des Monochords (siehe Türchen 21), allerdings in einer Urversion. Damals hatte der Resonanzkasten nur eine einzige Saite, was ihm dann auch den Namen „Mono-Chord“ = Einsaiter einbrachte.

Mit diesem „Werkzeug“ konnte Pythagoras sowohl die Zusammenhänge der Harmonielehre aufzeigen (der Lehre von den Akkorden), als auch Analogien zu verschiedenen Formationen der Natur sichtbar machen. So lässt sich musikexperimentell darstellen, dass Intervalle und Proportionen sowie Zahlen und Töne aufs engste miteinander verbunden sind.

Verschiedene Forscher haben dieses Thema weiterentwickelt, allen voran der Naturwissenschaftler und Astronom Johannes Kepler (1571 – 1630). Er verfasste die >> Fünf Bücher der Weltharmonik <<, die eher Lehrbüchern der Musiktheorie gleichen als einem rein physikalischen oder astronomischen Werk.

Kepler konnte unter anderem aufzeigen, dass die Geschwindigkeit der Planeten zueinander Intervallproportionen bilden. Auch viele andere Größen und Proportionen in der Natur lassen sich mit einfachen Zahlen beschreiben und in Tönen wiedergeben. Diese Töne lassen sich musikalisch darstellen und fügen sich exakt in unser Musiksystem ein. Als Beispiel sei der Aufbau von Kristallen genannt, die Anordnung von Blütenblättern, die Fibonacci Folge, die aus der Geometrie bekannt ist und sogar die Mendelschen Gesetze, die die Vererbungsregeln der Biologie beschrieben. Die Liste ließe sich vermutlich unendlich fortsetzen.

Über die Weltharmonik gibt es auch ein berühmtes Gedicht von Eichendorff:

>> Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst Du nur das Zauberwort. <<

In der Neuzeit war Hans Kayser einer der großen Wegbereiter der Harmonikalen Grundlagenforschung, der uns auch die Lehren Keplers wieder in Erinnerung gerufen und weiterentwickelt hat. Auch er hat viele Bücher verfasst und damit die „Kaysersche Harmonik“ begründet. Ein wesentlicher Bestandteil der Harmonikalen Grundlagenforschung sind übrigens die Obertöne, siehe auch Türchen 21.

Inzwischen gibt es immer mehr Forschungsergebnisse, die die Weltharmonik ergänzen und in immer größeren Zusammenhängen verständlich machen.

So hat beispielsweise Heinrich Husmann experimentell bewiesen, dass dem Ohr die Fähigkeit angeboren ist, Intervalle (von Tönen) zu erkennen. Spannend ist nun, dass dem Hören, der Natur und der Musik exakt identische Gesetze zugrunde liegen. Diese Zusammenhänge können wir als die Basis der (klingenden) Weltharmonie betrachten. Durch diese Erkenntnis wurde deutlich, dass quantitative mathematische Gegebenheiten mit qualitativen Sinneserlebnissen aufs engste zusammenhängen.
So verwundert es nicht, dass das Innenohr als erstes Organ im heranwachsen Körper in voller Größe ausgebildet ist, nämlich bereits im 4. Monat im Mutterleib.

Die Werke der genannten Forscher und Wegbereiter sind übrigens weitestgehend identisch bzw. basieren auf den selben Zusammenhängen. Sie stellen lediglich fortgeschrittenere oder anders gewichtete Themenbereiche dar.

Für die Harmonikale Grundlagenforschung gibt es mittlerweile sogar ein Institut an der Wiener Musikakademie.

Was bedeutet nun die Weltharmonik für uns persönlich? Wie wirkt sie sich auf uns aus? Dazu gibt es ein recht plastisches Beispiel anhand der Instrumentenstimmung.

Diejenige Stimmung, die die Harmonikalen Grundgesetze am besten zum Ausdruck bringt, ist die Stimmung auf a‘ = 432 Hz. Mit dieser Frequenz resonieren alle Töne optimal im Einklang mit der Sinneswahrnehmung der Ohren bzw. des Körpers und auch mit den Planeten. Das Singen fällt uns bei dieser Stimmung besonders leicht. Das cis‘ liegt hier bei 136,10 Hz. Diese Frequenz stellt die 32. Oktave des Erdenjahres dar und entspricht im Sanskrit dem heiligen Laut OM. ­­­­­­

Die 432 Hz-Stimmung geht zurück auf Josef Saveuer. Als Wissenschaftler und Begründer der Akustik, fand er als äußerste unterste Wahrnehmungsgrenze des Ohres 16 Hz heraus. Daraufhin legte er c‘ mit 256 Hz (vierte Oktave von 16 Hz) als „Kammerton“ fest. Saveur konnte beweisen, dass sich aus dieser Frequenz auch die natürlichen Schwingungszahlen der Stimmbänder beim Singen und die der Lippen beim Blasen und Pfeifen ableiten lassen sowie alle Eigentöne mittönender Rezonanzkörper, Hohlräume im menschlichen Körper und sogar die kaum wahrnehmbar kleinen Intervalle des Vogelgesanges.
C 128 Hz und seine Oktaven (somit auch der daraus abgeleitete natürliche Kammerton a' 432 Hz) sind also nachweislich im Menschen verankert.

Im Laufe unserer Weltgeschichte wurden viele Instrumente auf 432 Hz gestimmt. So z.B. verschiedene Flöten, die über den ganzen Globus verteilt gefunden wurden. Die Naturvölker erspürten diese Stimmung vermutlich intuitiv. Aber auch viele der großen Komponisten bevorzugten diese Stimmung, allen voran Giuseppe Verdi. Zu seiner Zeit wurden viele verschiedene Instrumente auf 432 Hz gestimmt. Bis heute finden sich auch noch etliche Drehorgeln mit dieser Stimmung.

Menschen, denen ein Musikstück in verschiedenen Stimmungen vorgespielt wird, empfinden fast übereinstimmend die 432 Hz Stimmung als die gefühlvollste, berührendste und wohltuendste. Andere Stimmungen mögen brillianter und dynamischer klingen. Wenn Musik aber berühren soll, scheinen 432 Hz der optimale Rahmen dafür zu sein.

Natürlich spielt auch die Tonart eines Stückes eine große Rolle, aber auf der Basis von a‘ 432 Hz wird die innere Wahrnehmung jeder Tonart intensiver. Es gibt inzwischen eine große Bewegung von Anhängern der 432 Hz Musik, inkl. Musikern und ganzen Plattenlabeln.

Im Haus der Klänge, Waldkircher Orgelstiftung, haben wir viele verschiedene Instrumente zusammengetragen, die auf dieser Frequenz schwingen. So kann sich jeder auch ein eigenes Bild davon machen, wie sich der Klang anfühlt. Weitere Projekte sind in Planung, wie z.B. die erste neuzeitliche Orgel, die auf 432 Hz gestimmt ist.

Von: Ina Gutsch

Quellen:

Keplers Weltharmonik heute, Rudolf Haase, param Verlag
Wikipedia, „Kammerton“
Von Intervallen, Tonleitern, Tönen und dem Kammerton C = 128 Hertz
Bild: pixelparticle/shutterstock.com